6. Etappe: Nürnberg - Bayreuth

Ich erreiche am späten Nachmittag den Süden der Richard-Wagner-Festspielstadt Bayreuth, das Ziel meiner 6. Tour-Etappe. Die Sonne scheint (fast erbarmungslos), als ich am Eingang der Jugendherberge mein verstaubtes Gepäck vom Rad nehme und ich mich auf dem Weg zum Empfang mache. Mein vorgebuchtes Zimmer wartet schon auf mich. Aber bevor ich mich dorthin begebe, muss ich erst noch was trinken. Die Wärme heute und die vielen Steigungen in der Fränkischen Schweiz ab Ebermannstadt am Nachmittag haben meinen Schlund ganz schön trocken werden lassen. Meine Radkluft ist schweißnass und staubig-dreckig. Was ich normaler Weise nicht trinke, spukt aber gleich der Getränkeautomat aus, nachdem ich bewusst DIE Taste gedrückt habe. Eine kalte Cola. Oh tut die gut. Und bald danach sieht die Welt gleich wieder besser aus.

 

Weil es in der Nürnberger Burg-Juhe erst um 07:30 Uhr Frühstück gibt, kann ich auch heute etwas länger schlafen. Heute Früh ist das Haus nicht so belebt. Die meisten Gäste haben schon am gestrigen Sonntag wohl das Haus verlassen. Es gibt aber trotzdem ein reichhaltiges Büffet. Ich lasse mir auch heute etwas mehr Zeit. 

Gleich unterhalb der Burg, am Rathausplatz steht schon die Richtungsanzeige. Ein schöner Radweg an der Pegnitz führt mich in Richtung Erlangen. Ade Nürnberg! Auf dem Radweg bin ich (nicht nur heute) der einzige Radler. Viele überholen mich und viele kommen mir aber auch entgegen. Was ich aber einschätzen kann ist die Tatsache, dass ich wohl einer der wenigen bin, die nicht in irgendein Geschäft müssen. Auf Höhe Fürth wird’s auf der Radpiste nun aber deutlich ruhiger.

In der weiteren Folge erreiche ich schon bald Erlangen. Hier in dieser barocken Residenzstadt ist alles gradlinig. Die Hugenottenkirche erinnert an die Aufnahme vieler französischer Glaubensflüchtlinge ausgangs des 17. Jahrhunderts. Für eine kleine Eindruckspause reicht es und schon mache ich ‚winke, winke‘. 

War heute bislang die Sonne noch hinter einem Wolkenband (was für einen Radtouri recht angenehm ist..), kommt sie jetzt aber vermehrt vor. Ich radle nun der alten Königsstadt Forchheim entgegen. Wo ich hinschaue, schöne grüne und blühende Natur. Noch ganz hingerissen von freudigen Gedanken, sehe ich plötzlich ein dynamischer Rennradfahrer auf meiner Höhe. Wo geht’s lang, möchte er wissen.Ich sage Richtung Forchheim. Er fährt auch dorthin, will aber dann ‚seine‘ tägliche Runde in anderer Richtung machen. Wie groß ist die, will ich wissen. Er sagt, dass er immer so ca. fünf Stunden im Sattel sitzt. Respekt, sage ich und frage nach seinem Alter. Über 80 ist er. Radfahren hält halt lange fit. In Forchheim verabschieden wir uns und wünschen uns gegenseitig alles Gute. 

In der karolingischen Königsstadt Forchheim erwartet mich schmuckes Fachwerk überall. Ich schiebe mein Gefährt vorbei an dem dominanten Gebäude, der ehemaligen Kaiserpfalz und zu anderen schmucken Gebäuden. Von meinem Timing her habe ich mir vorgenommen, zur Mittagszeit in Ebermannstadt zu sein, das Tor zur Fränkischen Schweiz, ab wo es dann für mich viele, viele Höhenmeter zu bewältigen gibt.. 

Der Planet brennt inzwischen sehr intensiv (ich will mich ja überhaupt nicht beklagen…gell). Zur Mittagszeit bin ich auch am Zwischenziel Ebermannstadt. Viel Durst und kleiner Hunger gilt es jetzt zu stillen. In einer Bäckerei hole ich mir fränkische Brezen und mehrere Flaschen verschiedener Getränke. An einem schattigen Platz genieße ich diese meine gourmethafte Abwechslung. Mein Banknachbar schaut mir nur zu. Ich spreche ihn an, er hat nur genickt Gehörlos oder Sprachlos?? Na ja, mir hat es gut getan. Leere Flaschen gebe ich wieder zurück und frage die Bäckerin nach dem Zustand der Radwege hier. „ja, do wo Sie fohrn wolln, is a scheener  Rrodweg parallel zur Stroßn.“ 

Alla guud, denke ich und fahre los. Na, das erste was mich überrascht ist eine Mordssteigung und das zweite war der Schotterbelag. Naja denke ich, die Frau ist nie im Leben mit dem Rad gefahren. Bei der nächsten Möglichkeit benutze ich die Straße. Hier läuft’s. Jetzt kommt wieder ein Radwegschnittpunkt. Ich lasse mich verführen, wieder auf den Radweg zu bewegen, weil der ja asphaltiert ist. Kurz später habe ich diese Entscheidung sehr bereut. Loser Schotter, Steigungen und Schlaglöcher…Zefix nomol (gelinde ausdrückt)! 

Mein Rad, mein Gepäck und meine Beine haben inzwischen eine ‚weiße‘ Patina angenommen. Bei der sich erst nach acht Kilometer bietenden Möglichkeit komme ich wieder auf die Straße. Und dabei bleibt’s jetzt endgültig. Viele Pausen sind notwendig. Steigungen ohne Ende…so ist es halt in der Fränkischen Schweiz. Mein Trinkreservoir geht langsam zu Ende. Aber Bayreuth, so sagt mir jetzt noch mein Navi, ist nur noch 12 Kilometer entfernt. Ich habe die Bückel heute nicht alle gezählt. Die letzten zwei Kilometer bis zum Uni-Bereich, wo auch die wunderschöne Juhu liegt, waren jedenfalls flach. 

Und das bin ich heute auch. Ich werde nicht noch in die Stadt fahren. Das mache ich morgen bei  meiner Weiterfahrt. 

Meine Klamotten lechzen jetzt noch nach ‚Reinigung‘ und meinen Satteltaschen muss ich heute auch noch die rote Farbe zurückgeben.

Ich werde hier noch ein zwei Bierchen trinken und dann...glaube ich, habe ich heute auch ein gutes Nächtle. Das wünsche ich von hier aus EUCH ALLEN. Und….bis morgen Abend aus Plauen im sächsischen Vogtland hier an dieser Stelle. 

Schließlich noch. HERZLICHEN DANK für Eure netten und aufmunternden Kommentare. Ich lese sie täglich und nehme sie aufbauend zur Kenntnis.

Kommentar schreiben

Kommentare: 6
  • #1

    Sabine Dehn (Montag, 29 Mai 2017 22:43)

    Lieber Robert, ich hab heut bei dieser Hitze sehr oft an Deine Strapazen gedacht- scheint wohl die Königsetappe gewesen zu sein! Auch noch Schotter zum Staub! Da kann es hoffentlich nur besser werden, wenn auch nicht mit den Hügeln ... in der Nähe von Plauen waren wir schon- auch ohne Rad ein Abenteuer! Bei uns gewittert es jetzt leicht ... ich schick Dir ein kühles Lüftle mit auf den Weg für Morgen. Alles Gute weiterhin und liebe Grüße sendet Dir Sabine.

  • #2

    Glaser Martina (Montag, 29 Mai 2017 22:54)

    Unfassbar deine Energie nach den (Tor)Touren abends immer noch den Tagesbericht zu schreiben. Was isst du denn abends im Fränkischen?
    Gönn dir ruhig was. Du hast es dir verdient !!!

  • #3

    Biggi (Dienstag, 30 Mai 2017 08:09)

    ja dann lieber Robert,wenns hilft
    Schnell noch ein paar aufbauende Worte aus der Heimat.Bin in Gedanken immer bei dir. Bei der Hitze heute zum Beispiel auf der Luma im kühlenden Epple See.Creme dich immer gut ein und viel trinken ,genies noch kurz die kühle des morgens bis der Planet wieder sticht.Halte durch,dann gibts auch ein Sternle.

  • #4

    @rue (Dienstag, 30 Mai 2017 08:30)

    Moin Robert,
    wegen der Hitze: denk einfach an die vielen Festspielbesucher im August - die schwitzen auch! Wünsche dir heute noch schöne Eindrücke in Bayreuth und etwas kühleres Wetter. Die Steigungen werden dich auch heute "beschäftigen". Grüße auch von den LBKlern

  • #5

    Wulf (Dienstag, 30 Mai 2017 09:49)

    Lieber Robert,

    inzwischen hast Du ja das ehemalige Westdeutschland verlassen. Ich hoffe, dass die Rekordtemperaturen des Oberrheingrabens Dich etwas verschonen, aber sicher wird Dir die Zeit mit dem einstelligem Temperaturabgebot Deiner ersten Radtour an den Außengerenzen Deutschlands noch in Erinnerung sein; und was hast Du dann lieber?
    Bayreuth ist ja die Region meiner Geburtsheimat und ich kenne die Stadt und die Gegend von diversen Radtouren, u.a. dem Mainradweg. Hier ist mein Vater - mit seinen Brüder privat untergebracht - aufs Gymnasium gegangen und hat bei der riesigen Musikerfamilie Wagner Klavierstunden bekommen. Die Stadtbesichtigung heute morgen hat Dir sicher tolle Eindrücke vermittelt.
    Deine täglichen Beschreibungen sind so eindrucksvoll, so als ob man dabei wäre. Und Deine Leistung sowieso, das Spendeformular von BLUT.eV ist schon ausgefüllt.
    Dir weiterhin eine gute Zeit, ohne Pannen, aber dafür viel Rückenwind und gutes Gelingen.

    Wulf

  • #6

    Wolfgang Latt (Dienstag, 30 Mai 2017 17:45)

    Ursel und ich sind beeindruckt von Deiner kompromisslosen Leistung. Wie immer ersetzen Deine Reisebeschreibungen einige Lücken, die der Erdkundeunterricht hinterlassen hat. Abends in die Tasten zu hauen, dazu gehört viel, viel Disziplin. Komplimente der besten Art und weiterhin gute Fahrt, inspirierende Begegnungen und nicht zu viele "Bergwertungen"
    Deine Rennbuckler

Lebertour

ruft zu Spenden auf für

 

Der Verein setzt sich seit 1995 für Menschen ein, die an einer Leukämie- oder Lymphom- erkrankung leiden. Bis dato konnten über 100.000 Stamm-zellenspender in vielen Typi-sierungsaktionen gewonnen und damit mehr als 700 Stammzellentransplantationen ermöglicht werden.

Er hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, regional bestehende onkologische Lücken in der Versorgung zu schließen und durch Aufklärung und Öffent-lichkeitsarbeit für die Krankheit Krebs ein Forum zu schaffen.

Weitere Infos zu der unschätz-baren Arbeit dieser Einrichtung, siehe: www.blutev.de