10. Etappe: Dresden - Claußnitz

Nach einem wunderschönen radfreien Tag gestern in Dresden bin ich emotional gespalten. Einerseits könnte ich noch einige Tage hier in dieser interessanten Stadt verbringen wollen, aber andererseits bin ich auf dieser Tour ein Radwanderer mit einem strikten Zeitplan. Und der sagt, Robert, du musst Dresden wieder verlassen. Mit diesen Gedanken schon am frühen Morgen mache ich mich reisefertig. Das nebenstehende Schild war nach 25 Kilometern westlich von Dresden die erste größere Herausforderung. Weitere folgen aber dann noch im Streckenverlauf. Diese Etappe ist das heute streckenmäßig eher einem ‚Wiedereinfahren‘ vergleichbar. 

Nach (nur) 85 Kilometern erreiche ich schließlich schon am frühen Nachmittag mein Hotel ‚Roter Hirsch‘ im mittelsächsischen Claußnitz. Und auch dank einem meiner geistigen Begleiter, dem symbadischen P, hat es bei den ‚Aufs‘ bei mir keinen Hitzestau gegeben. Er hat (wohl für mich) die Sonne schön hinter den Wolken versteckt. Die Temperaturen sind heute angenehm.Gestern Abend kamen zu später Stunde Busse mit Fußball spielenden Schülern in die Juhe in Dresden. Und bis die alle verteilt waren und auch immer ihre richtigen Zimmer gefunden haben, dauerte sehr lange. Bis kurz vor Mitternacht war es also sehr laut in der Herberge. Und heute Früh ging es auch bald wieder zur Sache. Somit ist meine Schlafnacht auch bald abrupt zu Ende. 

Zum Frühstücken gehe ich folglich schon um halb Sieben. Die Fußballjugend mit ihren Betreuern sind auch schon unten: Sie essen aber draußen im Freien (Gott sei Dank!). In meinem Frühstücksraum war es demnach wenigstens ruhig. 

Ich nehme hier zum letzten Mal in der Juhe alles auf den Teller, was mich sättigt. Kurze Zeit später starte ich die relativ kurze aber mit einigen Steigungen versehenen Etappe durch sächsische Provinz.  Weil Samstag ist, fahren in der Stadt und in den Vororten um diese Zeit ohnehin ganz wenige Autos. 

Orte wie Altfranken, Kesseldorf, Wilsdruff nehme ich auf einer guten Nebenstrecke einfach bei der Durchfahrt wahr. Dann kommt die erste Herausforderung in Tanneberg. Aber mit routinemäßiger Bravour ist diese Steigung bald hinter mir. Vor dem Ort Nossen komme ich an die Freiberger Mulde und damit wieder auf einen Radweg gleichen Namens. Nur, der Belag lässt zu wünschen übrig und folglich wechsle ich gleich wieder auf die Straße. Über die erreiche ich dann zur Mittagszeit die Stadt Döbeln. Ein am Rande befindliches Café lässt mich abrupt anhalten. Ein Kaffee und eine Eischecke muss es nun schon sein. Im Nachbartisch sitzen 3 Personen und unterhalten sich ‚uff sächsisch‘. Das Gespräch war schon intensiv. Wäre doch nur heute schon Pfingsten gewesen, dann hätte ich alles verstanden (ob das gut war, oder nicht..). 

Die Altstadt hat schön hergerichtete Bürgerhäuser, ist aber -wohl aus Platzgründen- voller parkender Autos.  Also, kurzer Umblick, ein paar Fotos und schon geht es wieder weiter. Sie wird auch „Stiefelstadt“ genannt und es gibt regelmäßig Stiefelfeste, bei denen auch Stiefelparaden abgehalten werden. Einmal im Jahr wird die Stiefelkönigin gewählt. Das ist eine Reminiszenz von Döbelner Schuhmachern zum über 600-jährigen Jubiläum ihrer Innung. 

Ich habe hier im Ort noch mein Rad-Navi aktiviert, weil ich jetzt schon wissen wollte, wieviel Streckenkilometer jetzt noch vor mir sind. Auf den ersten Blick beruhigende 34 Kilometer, aber auf den zweiten Blick, Höhenmeter, die es in sich haben. Tief durchatmen. Bald hast du es ja wieder geschafft, Robert.  Das Navi lotet mich weg vom Flusstal des Zschopau und führt mich wenigstens nur über sehr gut ausgebaute landwirtschaftliche Wege. An einen Burgaufstieg muss ich 25 Prozent Steigung überwinden. Ich habe den Zahlenwert kurz wahrgenommen und bin gleich aus dem Sattel heraus. Fluchen hat da jetzt keinen Sinn. Es gibt da nur zwei Möglichkeiten. Entweder wieder zurück oder (hinauf) weiterfahren. Natürlich habe ich diese horrente Steigung nicht ganz nach oben fahrend geschafft. Etwa bei der Hälfte springe ich vom Rad. Den Rest muss ich nun noch schiebend vollziehen. Oben habe ich mir dann aber viel Wasser zuführen müssen. 

Sechs Kilometer vor dem Etappenort lese ich schließlich zum ersten Mal den Namensort Claußnitz. Oh wie erleichtert ich nun doch bin. Noch zwei Steigungen und der Rest ist eine leichte Abfahrt. 

Wie komme ich gerade auf Claußnitz? Bei meiner Planung zur Quartiersuche hat mir Booking.com den ‚Roten Hirsch‘ vorgeschlagen und ich habe das Arrangement gleich bestätigt. Und das war aus der heutigen Praxis betrachtet gut so. In diesem mittelsächsischen 3000-Seelendorf werde ich sicherlich heute eine ruhige Nacht haben. 

Ja, und eine kurze Nacht wird heute das Geburtstagskind Renate W. haben. Feiere schön. I winsch dir uff badisch s‘ Allerallerbeschde fir dei neies Lebensjohr!!

Und noch was: Ich freue mich sehr auf Eure Kommentare! 

Und jetzt noch: Gut’s Nächtle ALLEN und bis morgen im thüringischen Hermsdorf.

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Die Rieberger (Samstag, 03 Juni 2017 20:24)

    Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen (Mahatma Ghandi)
    Du machst alles richtig - hier in Durlach wurde heute der "Tag der deutschen Zukunft" "gefeiert" - dann lieber radelnd durch Sachsen das Schöne Deutschland erleben ... ganz liebe Grüße Deine Angela & Jochen

  • #2

    Wulf (Samstag, 03 Juni 2017 21:39)

    Lieber Robert,

    vielen Dank für Deine so interessanten Berichte; es isr wie wenn man einen Reiseführer lesen würde und viel über unser Land lernt. Und was die sportliche Herausforderung betrifft, kann man nur staunen, bewundern und gratulieren. Und umso toller, dass Dein Anliegen für BLUT.eV auf so offene Ohren und "Geldbeutel" trifft.
    Du bist ja zur Zeit im Epizentrum des rechten, reaktionären Deutschland . Heute war in unserem Karlsruhe ein Aufmarsch dieser Rechtaußenströmung und eine doch beachtlich große Gegendemonstration (zehn Mal so viele), voran unser OB Mentrup, aber auch viele MTV-ler. Das hat Mechtild und mich besonders gefreut. Bunt anstatt braun ist offensichtlich die Farbe unserer Sportschwestern und -brüder.
    Für die nächsten Tage ist ja etwas kühleres Wetter angekündigt. Es macht Dir hoffentlich Mut, wie bisher die enormen Herausforderungen zu bewältigen. Dafür weiterhin alles Gute, Rückenwind und keine Pannen.

    Ganz liebe Grüße

    Mechtild und Wulf

  • #3

    Michael (Sonntag, 04 Juni 2017 12:42)

    Lieber radelnder Sportsfreund Robert,

    wie gut, dass die menschliche Psyche voller Geheimnisse ist, die nicht zu lüften sind. In diesem Sinne bleibst Du ein radelndes Geheimnis, dem ich nur ganz banal sagen möchte: CHAPEAU!
    Bleib' gesund und quäl' Dich nicht allzu sehr.
    Herzlich grüßt Dich
    Michael

  • #4

    Ursel (Sonntag, 04 Juni 2017 13:45)

    Lieber Robert,
    mit großem Interesse und grosser Freude und manchem gerührten "Schlucken" lese ich Deine täglichen Berichte, gespickt mit schönen Fotos. Ganz besonders gefallen mir die aus der Welt der Flora. Hut ab für Deine bisher souverän gemeisterten Touren bei extremen Strassen- und Temperaturverhältnissen. Die habe auch ich gestern bei über 30° schweisstreibend, jedoch ohne jegliche Anstrengung bei der Gegendemo erlebt. (Übrigens: Hab' Euch, Mechthild und Wulf, bei den Kundgebungen unter der Zuhörer-Ansammlung aus der Ferne entdeckt).
    Robert mach' unbeschadet weiter so bis zu Deinem Ziel!
    LG
    Ursel

Lebertour

ruft zu Spenden auf für

 

Der Verein setzt sich seit 1995 für Menschen ein, die an einer Leukämie- oder Lymphom- erkrankung leiden. Bis dato konnten über 100.000 Stamm-zellenspender in vielen Typi-sierungsaktionen gewonnen und damit mehr als 700 Stammzellentransplantationen ermöglicht werden.

Er hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, regional bestehende onkologische Lücken in der Versorgung zu schließen und durch Aufklärung und Öffent-lichkeitsarbeit für die Krankheit Krebs ein Forum zu schaffen.

Weitere Infos zu der unschätz-baren Arbeit dieser Einrichtung, siehe: www.blutev.de