12. Etappe: Hermsdorf - Erfurt

Gestern Abend war für heute noch örtlich Regen angesagt. Umso überraschender der blaue Himmel am Morgen. Den Handywecker habe ich heute nicht gebraucht. Die gefiederten Sänger von Hermsdorf haben mich kurz vor Sieben mit vielstimmigem Morgengesang wachgemacht. Frühstück gibt es -weil Feiertag- erst ab acht Uhr. Um kurz nach neun Uhr steige ich in die Pedalen. Ein gutes und reichhaltiges Frühstück mit viel Trinken ist hinter mir. Den Ort durchfahrend sehe ich schon die Radweganzeige „Thüringer Städtetour“. Es geht zunächst leicht abwärts, die Luft ist kühl und die Strecke führt durch Waldgebiet.

 Ich ziehe den Reißverschluss meine Überjacke hoch und die Armlinge werden hochgerollt. Jetzt kann es laufen. Nach einer Weile merke ich, dass ich heute nicht alleine auf dem Radweg bin. Des Öfteren werde ich von schnelleren Radlern überholt (macht mit gar nichts aus), aber es kommen mir auch einige ‚Schwerbepackte‘ entgegen. Alle Radler grüßen sich gegenseitig (manchmal frage ich mich, warum nur auf dem Rad?) Der Radweg verläuft jetzt auf guten Waldwegen an einem Bach entlang. Immer, wenn es Kreuzungs- oder Abzweigungen gibt, ist die Anzeige eindeutig. Super, kann ich nur sagen. Somit kommst du dann auch zügig voran. Auf dem Weg nach Erfurt sehe ich aus dem Wald kommend bald das Ortsschild von Stadtroda. Jetzt fahre ich wieder über Feld und Flur und ab jetzt ist alles asphaltiert bis nach Jena.  Da die Strecke heute insgesamt wenig Steigungen aufweist, ist auch Trikot heute bislang trocken geblieben. Nun stehe ich mitten in der Universitätsstadt Jena. Kurz zuvor habe ich im Sportpark noch das Stadion von Carl-Zeiss-Jena gestreift. Hier spielt dann  auch der KSC in der nächsten Runde…und vielleicht noch länger.

 

Große Teile des historischen Stadtzentrums wurden am Ende des Zweiten Weltkrieges leider völlig zerstört. Ein Wiederaufbau im historischen Sinne fiel auch den sozialistischen Umbauplänen zum Opfer. Somit sind wenig historische Gebäude im Stadtzentrum zu finden. Die Architektur im Stadtzentrum entstand somit in verschiedenen Bauzeiten und -stilen und ist gegenüber anderen Städten in Thüringen modern sowie teilweise auch industriell geprägt. Das markanteste Gebäude in Jena und quasi das Wahrzeichen ist der Jentower (im Volksmund Uniturm oder Keksrolle genannt), das höchste Bürogebäude in den neuen Bundesländern. Es soll in Anerkennung an die Fa. Zeiss ein Fernrohr symbolisieren. Jena ist seit dem 16. Jahrhundert auch Universitätsstadt. Heute studieren dort 20.000 Studenten. Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 wandelte sich Jena vom Industrie- zum Bildungs- und Wissenschaftszentrum. In Jena haben heute zahlreiche Forschungslabors und Institute ihren Sitz.

 

Ich verlasse die Stadt mit einem positiven Eindruck und…natürlich nicht, ohne einen Kaffee zu trinken und eine Nussschnitte zu mir zu nehmen. Das muss einfach sein. Der gleiche, immer noch bestens ausgeschilderte und asphaltierte Radweg bringt mich weiter Richtung Westen. Unterwegs an einer Wegegabelung sitzt ein „Düringer“ auf der Bank. Ich muss etwas bremsen. Jetzt auf seiner Höhe fragt mich ob meiner großen Gepäcktaschen:“Fohrste zom Noardboul“ Ich antworte schnell und sage: „Noi, i fahr zum Weschdpol.“ Er:„Weschdboul, wou isch denn däs“? Ich sage „DÜSSELDORF.“ Er: „Nor donn, värfohr disch näd.“

 

So sind sie halt (manche) Thüringer. Etwa eine Stunde später stehe ich von den Statuen von Schiller und Goethe in Weimar. Zum kulturellen Erbe dieser Stadt gehören neben den Traditionen der Weimarer Klassik um Wieland, Goethe, Herder und Schiller auch das Bauhaus und die Nationalversammlung von 1919, von der sich der Name der Weimarer Republik herleitet. Hier herrscht wirklich GEIST. Durch seine zahlreichen Klassikerstätten, vielen Museen, Galerien und Baudenkmale sowie Kulturstätten (Theater, Studenten- und Alternativ-Kultur) ist Weimar ein bedeutendes Ziel für Städtetourismus in Thüringen.

 

Viele Touristen sind hier, aber die meisten schauen gerade jetzt nicht nur die vielen Denkmale an. Sie schauen vielmehr zu Himmel. Dicke schwarze Wolken ziehen von Westen bedrohlich her. Für mich ist klar. Das war es schon von Weimar. Nass werden will ich nicht schon wieder, zumal es bis zum Etappenziel Erfurt nur noch ca. 22 Kilometer sind.

Also, Navi aktivieren und ab geht’s, den schwarzen Wolken entgegen. Parallel zur Bundesstraße verläuft ein geteerter Wirtschaftsweg. Den nehme ich und trete ordentlich in die Pedalen. Kurz vor der Landeshauptstadt öffnen sich doch noch die Schleusen. Ich halte an und hole schnell das „kleine Regenzeug“ aus meinen Gepäcktaschen. Mit Routine habe ich den Regenschutz an mir. Es prasselt ziemlich heftig…ich mache hohe Pedalumdrehungen und ca. 10 Minuten später bin ich aus der Regenzone raus. Puh…noch einmal gut gegangen. Mein Trikot riecht jetzt nicht mehr gut, ich bin verschwitzt und regennass. Nun, ich muss heute sowieso große Wäsche machen. Bald bin ich vor den Toren von Erfurt.

 

Die Juhe im Süden der Stadt finde ich dank dem Navi recht schnell. Ich checke ein, schütte nun dann auch gleich meine Gepäcktaschen aus und sortiere das, was unbedingt heute noch gewaschen werden muss. Wäsche nun in das Waschbecken und einweichen, Robert unter die Dusche. Nachdem der Radfahrer wieder sauber aussieht und auch gut riecht, macht er sich an die Wäsche mit anschließendem Spülgang. Dass natürlich dann auch alles aufgehängt werden muss…mehr als schon Routine.

 

Morgen, an meinem radfreien Tag werde ich ein paar wichtige Dinge machen. Erstens, gemütlich frühstücken, dann mich „herrichten“ für das Treffen mit dem Landtagspräsidenten, Herrn Carius, und danach möchte ich mich noch gemütlich in Erfurt umsehen….und später muss ich ja dann noch die aufgehängte Wäsche abhängen und wieder verstauen. Mir wird’s ned langweilig, liebe Freunde!!

 

Ja, und jetzt gilt es noch eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen. Die Hälfte meiner Etappen ist mit dem heutigen Tage geschafft. Über 1.300 km liegen schon hinter mir. Und mir geht es gut und ich will nach wie vor betonen, wie schön und landschaftlich abwechslungsreich unser Deutschland ist. 

Und jetzt noch, genießt noch den restlichen Feiertag und ich wünsche Euch ALLEN wieder von hier aus ein gut’s Nächtle.

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Kommentare: 5
  • #1

    Nicole & Jürgen (Montag, 05 Juni 2017 22:41)

    Go Go Go....toll...lieber Onkel....mach weiter so....

  • #2

    Licht (Montag, 05 Juni 2017 23:02)

    Hallo Robert,
    so, nun isch d HÄLFT scho rum.
    Mir könne nur sage, oifach doll. Mach uff jeden Fall weiter so.
    e liebs Grießle von de ILONA un em KURT


  • #3

    Biggi (Dienstag, 06 Juni 2017 08:46)

    Sodele Pfingsten isch rumm.Gschwind emol gugge ob s Robbertle no radelt .Ja supi liest sich des widdermol,un di Paus nu sei dir gegönnt.Bin scho gspannt wie des Dreffe mid dem Landtagspräsident werd,bstimmd guud.
    i du weiderhin mei Daume für di drügge.

  • #4

    Eike (Dienstag, 06 Juni 2017 10:57)

    Vergiss die dicke Berta nicht - wer ist das?

  • #5

    Die Rieberger (Dienstag, 06 Juni 2017 17:22)

    Lieber Robert ... hoffentlich konntsch no die septem miracula Jenae bewunnere ... denn nach "Ara, caput, draco, mons, pons, vulpecula turris, Weigeliana domus" hat sich een achtes dazu gesellt: "Robertus Leberus von Baden" ... oifach subba, mir senn ganz stolz :-)

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