14. Etappe: Eisenach - Fritzlar

Um kurz nach 8:30 Uhr verlasse ich die „gute Quelle“, sehr zufrieden mit allem. Zuvor gehe ich aber noch kurz nach draußen, um die Temperatur zu erfühlen. Heute Nacht war es hier nur 7 Grad. Die Entscheidung fällt für Unten kurz und Oben lang. Flussaufwärts entlang der Werra radle ich bis Gerstungen. Auf diesem kurzen Teilstück bin ich anlässlich meiner Tour von Flensburg bis Oberstdorf auch schon gefahren, also der Radweg kennt mich noch und ich ihn auch.Im Ort Gerstungen fällt mir ein schön hergerichtetes Fachwerkgebäudeensemble auf. Ich halte an und zücke meine Kamera. Und dabei werde ich beobachtet. Ein älterer Herr spricht mich gleich an. 

Ich erzähle ihm meine Geschichte und er erzählt über die in kleinen Schritten von der Bevölkerung vorgenommen Verbesserungen im Ort. Nachdem ich die Sache lobe, hört er nicht mehr auf zu reden. Er will mir noch mehr zeigen von diesem Ort. Nun, die Zeitfrage, die ich stelle, hält ihn schließlich ab. Wir wünschen uns gegenseitig alles Gute. Na…fast eine halbe Stunde haben wir schon geplaudert. Thüringen sage ich danach auch ade. Fast unbemerkt bin ich schon in Hessen (Nordhessen) angekommen. Noch geht es bedächtig aufwärts. Vorbei an den sogenannten Montes Kali (Abraumberge der Kaliwerke) merke ich aber schon, dass es steiler wird. Bedächtig trete ich nun eine ganze Weile in die Pedale. Manchmal muss ich den untersten Gang nehmen. Ich versuche, meinen Puls nicht unbedingt hochzutreiben. So spare ich Kraft, die ich heute sicherlich noch mehrfach brauchen werde.

Den ‚Berg‘ habe ich nun überschritten. Jetzt genieße ich die Abfahrt ins Tal der Fulda. Bald ist auch die Kleinstadt Bebra erreicht. Außer ihrem kleinen sehenswerten Kern mit einer alten Kirche und dem neu gestalteten Kirchplatz mit vielen Fachwerkhäusern hat dieser Ort aber nichts mehr zu bieten.

Ich fahre nun direkt zum Fulda-Radweg und begleite nun den abwärtsfließenden bedächtigen Fluss nun eine ganze Weile. Irgendwie bin ich heute auch in besonders guter Stimmung. Ich singe eine ganze Weile alle mögliche Lieder. In Natur pur und wunderschöner Landschaft radle ich nun zu Mittag der sehenswerten Kleinstadt Rotenburg an der Fulda entgegen. Hüben und drüben ist alles voller farbenprächtiger Fachwerkhäuser. Man kann sich hier kaum satt sehen. Die Temperaturen sind gestiegen und vermehrt kommt auch die Sonne durch die Wolken. 

Gestern Abend habe ich festgestellt, dass der Gürtel meiner Hose um meine Hüfte schlabbert. Will heißen ich habe Gewicht verloren. Das kann so nicht weitergehen. Ich muss mich von nun an zwingen, regelmäßig Nahrung zu mir zu nehmen. Also kaufe ich mir beim Bäcker ein gut bestücktes Brötchen und trinke einen großen Pott Kaffee. Das genieße ich jetzt hier gerade hier in diesem schönen Ambiente. Und ich lasse mir auch viel Zeit. Am Tisch sitzt eine Männergruppe, die über Gott und den Fußball debattiert. Anfangs sind sie etwas scheu mir gegenüber, aber ich mische mich in ihre Gespräche ein. Und schon ist der Bann gebrochen bei den Nordhessen. 

Bei der Weiterfahrt fällt mir ein, dass wir Velofreaks in umgekehrter Richtung diesen Radweg von Kassel aus bis Fulda gefahren sind und am späten Abend dort erst angekommen sind…ich will das Thema nicht mehr breit treten, aber das waren ‚unvergessliche‘ Ereignisse an diesem Tag, oder? 

en, sonst rebelliert mein Bauch. Also Verpflegungsstellen suchen. Und schwuppdiwupp sitze ich wieder mal an einem Tisch, auf dem eine Pott Kaffe und ein großes Stück Blechkuchen stehen. 

Die Radwegeausschilderung im Bundesland Hessen sind hervorragend. Bei dem Ort Morschen stehen Reste eines alten Klosters. Und da treffe ich einen Dortmunder Radler. Wir unterhalten uns ohne Umschweife und erzählt mir, dass er auch schon ein paar Tage allein unterwegs ist und das schöne Deutschland genießt. Er kommt heute dort her, wo ich heute noch hin will und ich gebe ihm den Tipp für den Thüringischen Städteradweg. Ich bezeuge meinen Respekt ihm gegenüber. Er zeltet nämlich des Nachts an einsamen Stellen. Borussia Dortmund und KSC sind auch noch Themen, aber halt sehr unterschiedliche Klassen. Mach’s gut Dortmunder Radler. Er wünscht mir auch viel Glück. Und schon trennen sich unsere Wege. 

In dem schönen Fuldaort  Beiseförth verlasse ich das Fuldatal. Aber bevor ich den brachialen Aufstieg auf mich nehme, futtere ich noch ein paar Studentenfutterkörner. Mit leerem Magen solcher Art Aufstiege zu bewältigen ist nicht gut. 13 Prozent Steigung bis Dagobertshausen. Und in dem Ort ist immer noch nicht Schluss. Der Herrgott hat zwischen dem Fuldatal und dem Edertal einfach einen steilen Berg dahin gesetzt. Der kleinste Gang meiner Schaltung war nun sehr lange Zeit im Einsatz. Und oben, ja da habe ich mir natürlich wieder mal selbst auf die Schulter geklopft. 

Der Hals wird trocken bei dem vielen Durchatmen. Also trinken und das immer wieder. Ich habe mit genug Flüssigkeit (Wasser) vorgesorgt. Ja schön ist dann, wenn man die Kammlinie erreicht hat. Mit schönem Blick auf das Tal der Eder genieße ich -zwar immer die Hände an beiden Bremshebeln- die schöne Bergabfahrt. Fritzlar, mein heutiger Etappenort ist nun nicht mehr allzu weit entfernt. 

Am östlichen Rand, unweit dem historischen Zentrum dieser Stadt liegt mein heutiges Quartier mit dem schönen Begriff „Oase“. Gestern „Zur guten Quelle“ und heute „Oase“. Wenn das nicht mit beruhigenden Aspekte einher geht? 

Jedenfalls ist mit der Ankunft am Quartier für mich noch kein Feierabend in Sicht. Liebe Freunde, erst wird geduscht, dann ausgiebige Körperpflege. Föhnen muss ich mich nicht aber die schwitznasse Wäsche wird gleich gewaschen. Das Sitzfleisch muss gestreichelt und gecremt werden. 

Ja und dann geht es ans Abendessen. Ordentliche Portionen sind erforderlich. Habe ich jetzt noch was vergessen? Ach ja, der Tagesblog muss (darf) noch geschrieben werden. Den Text mit Bildern ins Internet zu stellen, ist je nach WLAN-Kapazität auch eine zeitliche Herausforderung…und dann muss ich mir die Route für den nächsten Tag einverleiben…und dann noch mit meiner Frau telefonieren…und…und…und… und dann noch ausgedehnt schlafen. Und das alles nach in der Regel mehr als acht Stunden auf dem Sattel. Ich will ja nicht klagen, die ‚Gute Sache‘ ist es, die mich das gerne machen lässt. 

Von meinem Zimmerfenster aus sehe ich die Türme dieser alten historischen Stadt. Aber ich gehe heute nicht mehr dorthin. Vielmehr freue ich mich schon auf morgen, gleich nach dem Etappenstart auf das mittelalterlich geprägte Stadtbild mit zahlreichen Fachwerkhäusern. 

Ja und morgen geht es dann hinauf zu den Höhen des Hochsauerlandes bis nach Winterberg. 

Wenn der upload ins Internet nun schnell klappt, trinke ich noch ein Bierchen hier auch auf Euer aller Wohl. 

In diesem Sinne…schon mal ein Gut’s Nächtle ALLEN und bis Morgen in Winterberg.

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Kommentare: 4
  • #1

    Claudia (Donnerstag, 08 Juni 2017 22:36)

    Lieber Robert,

    fühl Dich auf die Schulter geklopft! Natürlich werden bei der Stadt Fulda die Erinnerungen wach, aber Deine Leistungen sind dagegen enorm! Bleib weiter fit, denn den wichtigen Satz: "Es geht mir gut" vor dem "Gut´s Nächtle", der ist schon auch von großer Bedeutung!!
    Herzliche Grüße Claudia

  • #2

    Licht (Donnerstag, 08 Juni 2017 22:55)


    Der Bart wird immer länger,aber mir gefällt es so.

    Weiterhin gute Fahrt wünscht Ilona

  • #3

    @rue (Freitag, 09 Juni 2017 11:45)

    Heute wird's wieder anstrengend. Ich kenne die Gegend aus meiner BW-Zeit und bin dort einige km marschiert. Auf meiner Radtour 2013 kann ich mich noch gut an die Strecke Frankenberg - Korberg erinnern: viele Steigungen und extremer Wind. Komm gut an!

  • #4

    Marion (Freitag, 09 Juni 2017 17:18)

    Mensch Junge,...wo nimmst Du all die Kraft und Energie her? Kann so was in der Sojamilch stecken?
    Jedenfalls nehme ich dank Deiner, von Volker empathisch vorgetragenen Blogeinträgen, geradezu physisch an Deinen Etappen teil, sitze sozusagen geistig auf Deinem Lenker und erlebe wärmende Sonne, peitschenden Regen und brausenden Wind quasi hautnah. Dank Deiner anschaulichen Schilderungen von Orten und Sehenswürdigkeiten sowie der detaillierten historischen Hintergrundinfos geniesse ich sogar noch diverse intellektuelle Schmankerls.
    So hoffe ich beflügeln Dich meine Zeilen bis in meine Heimat NRW (Gruss beim Streifen von Duisburg) und die "Beflügelten" von oben halten weiter ein wachsames Auge auf Dich (denk dran, ich sitz vorn auf dem Lenker, keine waghalsigen Manöver).
    Mit vielen lieben Grüssen und in bewährter fahrgemeinschaftlichen (Auto) Verbundenheit
    Marion

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