20. Etappe: Bingen - Mainz

Von beiden naheliegenden Landesmetropolen genießt heute Wiesbaden meine erste Präferenz. Zumindest der unten am Rhein liegende Stadtteil Biebrich mit seinem beeindruckenden Schloss. Bin ich doch gleich nach meiner Wegfahrt in Bingen mit der Fähre auf die hessische Seite geschippert. Bis ich aber dort in Biebrich ankomme, habe ich in aller Ruhe heute die vielen touristischen Perlen in dem Abschnitt besucht. Ganz ohne Hektik nehme ich mein Frühstück ein. Das Angebot ist sehr vielseitig. Ich sitze am Hotelfenster und schaue wie aus einem Bilderrahmen heraus direkt auf das Niederwalddenkmal und auf die um dieses Denkmal herumliegenden Weinberge.  

Das morgendliche Sonnenlicht bringt eine tolle Optik zutage. Nicht genug dieser phantastischen Aussicht. Ständig fahren unmittelbar an der Bahnlinie vor dem Hotel vielerlei Züge vorbei. Ich fühle mich wie vor einer großen Modelleisenbahnanlage. Nur ist das eben alles echt. Ich bleibe gerade heute länger am Frühstückstisch sitzen. Im Gegensatz zu den Fahrtagen zuvor, habe ich heute nur etwas mehr als 55 Kilometer.

Ich sattle mein Fahrrad im Hotelhof Krone. Um mich herum sind gerade viele Biker, die sich auch reisefertig machen. Sie kommen aus Ennepe/Ruhr. Da war ich doch noch vor kurzem, oder? Ich spreche die Kerle (die meisten haben eine Wampe…) an. Erst jetzt sind sie auf mich fokussiert. Ich erzähle, dass ich u.a. auch den Ruhrradweg entlanggefahren bin. „Wo haste denn dein Motörschen, Junge?“ Ich kontere, der sei im Rahmen versteckt. Ich habe den Eindruck, die können sich nicht vorstellen, was man mit dem Fahrrad alles machen kann. Jedenfalls hat einer noch bemerkt, dass mein Rucksackreisverschluss noch offen ist und hat ihn freundlicherweise geschlossen. „So jetzt gannste fahren, Junge.“

Die Fähre landet in Rüdesheim. Dort steht gleich die Polizei und leitet den Verkehr um. Die Radfahrer dürfen durchfahren. Grund ist ein Harley-Treffen ab heute bis Sonntag. Viele echte Easy-Rider sind schon da und beeindrucken mit Biker-Akustik. Armes Rüdesheim, obwohl wenn keine Biker da sind dann sind es halt weinselige Gröhler. Ich frage eine Ordnungskraft, ob ich mir dem Rad schiebend durch die Drosselgass gehen darf. „Um diese Zeit kannst noch…später halt nischt mehr.“ Ich bin erstaunt, aus manchen Lokalen noch klassische Musik zu hören…aber begleitet halt durch Gas gebende Biker. Ein ganz besonderer Musikgenuss…heute.

Die nächste touristische Perle, die ich wirklich langsam anfahre, ist Geisenheim. Hier werden ‚richtige Winzer‘ erzeugt per Studium an der Hochschule. Aber der Ort glänzt auch mit einem sehenswerten Dom und einem Rathausplatz mit einer über 700jährigen Linde. Was könnte die alles erzählen!

Oestrich-Winkel grüßt auf dem Radweg jetzt und weist auf ein besonderes Denkmal hin. Direkt am Rhein an einem schön ausgestalteten Platz steht ein historischer Weinverladekran aus dem 18. Jahrhundert.

Das Kloster Erbach hoch oben sieht man manchmal vom Rhein-Radweg aus, wenn der Blick frei ist. Aber da möchte ich nun überhaupt nicht hochradeln. Wahrscheinlich bin ich heute von Anfang an einer gewissen Bequemlichkeit verfallen. Aber das darf man ja auch mal nach über 2.000 Kilometern.

Der Betrieb auf dem Radweg wird immer größer. Neben vielen Radtouries radeln auch viele ‚Freizeitler‘, allein und/oder in größeren Gruppen. Jetzt heißt es auch noch ganz schön aufpassen…und der Planet brennt unbarmherzig! Man weiß nie, wie da mancher Radler noch tickt. Gottseidank komme ich jetzt schon in Schierstein an. Die Sportboot- und Allgemeine Wassersportanlage dort weist am Ufer eine schattige Baumallee auf. Hier lasse ich mich zu einer Essens- und Trinkpause nieder. Ich sitze auf der Bank und beobachte…Menschen sind heute unterwegs…oh Heimatland.

Wie schon eingangs beschrieben, das Schloss Biebrich ist optisch eine Augenweide. Das war es dann auch schon von Wiesbaden für heute. Ich werde morgen (hoch) in das Zentrum reinfahren.

Hessen und Rheinlad-Pfalz trennt hier der breite Rheinstrom. Über Mainz-Kastell radle ich in der Mittagshitze zur Rheinbrücke und komme kurze Zeit später in das Zentrum von Mainz. Viele Menschen suche auch dort den Schatten. Am Gutenbergplatz sehe ich ein italienisches Eiscafé mit vielen Schattenplätzen. Die bestellte Eisportion kühlt einmal angenehm und der anschließende Kaffee weckt wieder die Konzentration.

„Was wolle Se denn do uff dem Berschdorf?“ Es ist die Frage eines ‚eschten Mänzers‘ nach meiner gestellten Frage zur Fahrtrichtung. „Do fahren Se efach do nuffzus, Rischdung Uni, Gunzenem (Gonsenheim), donn finne Se a Finthe.“ Klare Ansage. Bei der Bergfahrt merke ich auch wieder die Hitze. Bin ich heute froh, dass ich nicht mehr viele Kilometer fahren muss. Über einen Radweg, der teilweise so ausgestattet ist, wie die‘ eschten Mänzer‘ die Finther ‚behandeln‘, erreiche ich den Stadtteil. Am Ortseingang steht ein Schild „Finthen grüßt die Gonsenheimer und den Rest der Welt“. Ich fühle mich bei diesem Gruß auch angesprochen.

In einem schönen Hotel mit dem schönen mänzer oder finther Namen „Babbelnit“ lasse ich mich nieder. Die Sonne brennt weiter unaufhörlich…und ich bin ‚escht‘ froh, heute meine Etappe hier beenden zu können.

Und wie immer. Nach der ausgiebigen Dusche sieht die Radfahrerwelt schon wieder positiver aus. Ich habe ein ruhiges und schattiges Zimmer und genieße dies nun ausgiebig.

Es war heute wieder mal ein beeindruckender und schöner Radfahrtag. Zugegeben, etwas gemütlicher als bei den vorausgegangenen Tagen.

Für morgen habe ich eine Einladung im Mainzer Abgeordnetenhaus von Frau MdL Willius-Senzer, FDP-Fraktion (Alterspräsidentin) erhalten, worüber ich mich sehr freue. Daran anschließend werde ich in die hessische Landesmetropole radeln. Herr MP Bouffier hätte mich gerne persönlich kennen gelernt, so in seinem Schreiben an mich, aber wegen des Hessentages ist er gerade morgen an einem Treffen verhindert. Er hat ja schon im Vorfeld meine Radaktion mit einer ansehnlichen Spende gewürdigt. In meinem seinerzeitigen Dankschreiben habe ich ihm dann versprochen, dass ich trotzdem am 16. Juni nach Wiesbaden radle und eine Ehrenrunde um das hessische Staatministerium drehen werde. Versprochen ist versprochen!

In diesem Sinne, liebe Freunde, schöne Grüße aus dem sommerlich heißen Mainz-Finthen (mit Trend zu einem Abendgewitter).

Nach wie vor freue ich mich auf Eure netten Kommentare und bedanke mich darüber ganz herzlich.

Nun…heute ist die 20. Etappe gelaufen. Nach dem Besuch der nächsten Landeshauptstadt Saarbrücken ist am kommenden Dienstag meine Tour mit der Heimfahrt nach Karlsruhe schon beendet. Macht nun Eure Überweisungen schon mal fertig und bringt sie zur Bank, sofern noch nicht geschehen. Und bitte…seid nicht knauserig! BLuT freut sich über eine große Spendensumme.

In diesem Sinne…schönen Feiertag noch und ein Gut’s Nächtle allen, die den Blog heute noch lesen.

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Kommentare: 5
  • #1

    Robert und Marianne (Donnerstag, 15 Juni 2017 21:50)

    Lieber Robert,
    wir haben heute bei der Aufstellung der Prozession plötzlich an dich denken müssen und dich vermißt. Du weißt ja, dass wir großen Respekt vor deiner Leistung haben. Aber am heutigen Tag, mit nur 55 km, hätten wir es dir auch noch zugetraut in Mainz den Himmel zu tragen.
    Weiterhin gute Fahrt und komm gesund zurück.
    Viele Grüße Robert und Marianne

  • #2

    Die Rieberger (Donnerstag, 15 Juni 2017 22:57)

    "Das Beste an Wiesbaden ist der Bus nach Mainz" – Seit Ende des Zweiten Weltkrieges pflegen die hessische Landeshauptstadt und die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt eine Städterivalität. Der Grund: US-amerikanische Truppen ordneten die Mainzer Vororte rechts des Rheins Mainz-Kastel, Mainz-Kostheim und Mainz-Amöneburg dem Stadtkreis Wiesbaden zu. Die Städterivalität zwischen Wiesbaden und Mainz zeigt sich vor allem während der Mainzer Fastnacht, wenn Büttenredner die verlorenen Stadtteile zurückfordern. Übrigens behaupten die Wiesbadener auch umgekehrt, dass das Beste an Mainz der Bus nach Wiesbaden sei. Da Du aber aus Karlsruh kommsch und da auch wieder hin fahrsch hoisst es: "Lasse grad mache was se wolle" :-)

  • #3

    Biggi (Freitag, 16 Juni 2017 08:20)

    Hallo Robert,was mach ich nächste Woche,wenn es keine Radelberichte mehr gibt? :) Liest sich ja als käme da ein braunes Kerlchen wieder in die Heimat :) Also weiterhin gut eincremen ,immer Rucksack zu und Zahnbürste nicht vergessen,.....brauchste sonst noch Tipps? Einen wunderschönen Radeltag heute wünscht dir BIGGI

  • #4

    Wulf (Freitag, 16 Juni 2017 12:58)

    Lieber Robert,

    langsam neigt sich Dein großartiges Vorhaben und diese wieder außergewöhnliche Radtour dem Ende zu. Heute willst Du ja in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz - mir als mein Studienort wohl bekannt - den Landtag besuchen und auch der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden Deine Aufwartung machen und dann gehts zum Endspurt ins Saarland. Die Gefilde werden jetzt immer vertrauter und sind Dir größtenteils von früheren Touren, auch mit Deinen Velofreaks bekannt. Zum Teil ist Hitze angesagt, die Streckenprofile für Dich moderat und Du gestählt wie fast nie zuvor. Also in der Aufmerksamkeit nicht nachlassen (immer gut eincremen und die anderen Tips von Biggi beachten) und dann wird alles gut und wir können Dich am nächsten Mittwoch mit ganz großem Applaus begrüßen.
    Bis dahin noch alles erdenklich Gute und was der Reiseradler sich sonst noch wünscht

    Wulf

  • #5

    Beate Wimmer (Freitag, 16 Juni 2017 13:06)

    Lieber Herr Leber,
    ich bin mehr der stille Leser Ihres Tourenblocks, muss mich jetzt aber auch mal zu Wort melden und sagen, dass Sie mal wieder allen Respekt und Anerkennung verdienen für diese Leistung. Ich war vor kurzem in Schottland unterwegs und habe ähnliche km mit dem Auto zurückgelegt. War Abends erschöpfter als Sie und hatte auch nicht die Kraft und Motivation einen Bericht zu schreiben. Ich wünsche Ihnen noch ein paar letzte angenehme Radeltage und freue mich Sie am Dienstag gesund und wohlbehalten in Karlsruhe anzutreffen. Liebe Grüße Beate Wimmer, blut.eV

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