Eine lange Zugreise nach Flensburg - Zeit für Gedanken

Es ist 09:00 Uhr vorbei. Ich sitze seit kurzem im IC nach Hamburg. Mein Fahrrad hängt am Haken im Radabteil und mein Radgepäck habe ich über meinem reservierten Sitzplatz verstaut. Ein  aufkommender  Zweifel, ob irgendwas vergessen wurde, hat sich  bei Abfahrt des Zuges ohnehin erledigt. Was ich jetzt nicht in den Packtaschen habe…ach was…s‘ wird schon alles gut sein. Überhaupt…dass man mit so wenig Reisegepäck (knapp 11 Kilo) doch so viele Tage unterwegs sein kann, ist schon toll.

Der Zug hält nach ca. eineinhalb Stunden in Frankfurt. Viele Radfahrer steigen, müssen ihre Räder einhaken und suchen danach ihre Sitzplätze auf. Dabei ist es dann ziemlich laut im Abteil. Aber kurz nach der Weiterfahrt kehrt dann auchl wieder Ruhe ein. Viele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Der Abschied gestern von meinen Kindern bei Jochens Geburtstagsfeier, der Abschied heute von meiner Frau (die jetzt leider die ganze Hausarbeit alleine machen muss…), die vielen mutmachenden und glückwünschenden Anrufe, persönlichen Gespräche und auch die erhaltenen e-Mails. Diese große Anteilnahme an meiner Tour freut mich sehr und gibt mir sicherlich ordentliche mentale Schübe. Es ist ja diesmal nicht so ein langer Abschied wie 2013. Dort bei der Deutschlandrundfahrt war meine Abwesenheit von der Heimat genau sechs Wochen. Und heuer sind es gerade mal 12 Tage.

Ich alle 12 Etappen dieser Tour zum wiederholten Male gedanklich durch. Ich sehe sie auf den Karten vor mir. Die Vorbereitungen und Planungen habe ich mit Herzblut durchgeführt. Was kann/soll da noch schiefgehen? Da ich ein sehr optimistischer Mensch bin, verwerfe ich die Antwort auf die mir eben gestellte Frage. Bei meinen vielen Touren habe ich ja viele persönliche Erfahrungen gesammelt und auch vieles erlebt, was mich mental mehr als gestärkt und mir auch in einigen Belangen eine andere Sichtweise auf das Alltagsleben gegeben hat. Und genau daran knüpfe ich wieder an.

„Warum machst du solche große Fahrten alleine?“ Diese Frage wurde mir öfters gestellt. Ich versuche darauf kurze Antworten zu geben. So eine Radreise ist für mich wie eine Pilgerfahrt. Sie gibt mir Zeit zum Nachdenken über Gott und die Welt. ALLEINE bist du weniger abgelenkt, siehst vieles intensiver mit den Augen und dem Herzen. Du kannst in freier Natur deine Gedanken einfach schweifen lassen und deinen Stimmungen spontanen Ausdrücken verleihen.  Das entspannt und tut der Seele gut. Darüber hinaus bist DU nur für DICH selbst verantwortlich. Und wenn dir irgendwas danebengeht…ja dann ist es ein Lernprozess, der auch bis in MEINEN Alltag hineinwirkt. Ja und schließlich, nicht zu vergessen. Da ist noch  der wichtige Aspekt mit dem Spendenhintergrund für BLuT e.V.  in Weingarten. Ich will mir ja schließlich die Spenden „verdienen“, indem ich täglich meine Etappenberichte schreibe. Dies könnte ich in einer Gruppe zeitlich so nicht bewerkstelligen. Und…wenn ich dann mal zwischendrin einen Durchhänger haben sollte, kommen mir oft die vielen Schicksale in den Sinn, die gerade vom  BLuT-Team mit großem Engagement betreut und beraten werden…dann…dann gibt’s für einen fitten Menschen nichts überhaupt nichts zu klagen!


Es ist inzwischen Mittagszeit Ich verspüre Hunger…also beende ich meine „Schreibarbeiten“ fürs erste und widme mich der Befriedigung meines ordinären Bauchgefühls. Ich esse mein gutes Vesperbrot und denke dabei an Gott und die Welt und beobachte auch meine Mitreisenden im Abteil. 

Ich bin fürs Erste satt und lese in einer Zeitschrift…dabei fallen mir immer wieder die Augen zu…ich lasse die Zeitschrift auf meinen Schoß fallen und döse ein wenig. In knapp dreieinhalb Stunden werde ich in Hamburg ankommen. Das Wetter ist ‚durchwachsen‘, aber bislang trocken.

Der IC rauscht wieder weiter durch die Landschaft. Bei dieser relativ flotten Reisegeschwindigkeit nimmst du alles wie im Vorbeiflug wahr. Wie schön ist es doch, wenn du bei ‚langsamer‘ Radfahrgeschwindigkeit alles entschleunigter vernehmen kannst. Also, lieber Vetter Alban, das ist meine Philosophie. Ich werde keinesfalls die vorgesehene Strecke in 3 Tagen machen wollen.

Wir werden pünktlich um 15:29 Uhr in Hamburg ankommen, sagt mir der Zugbegleiter. Ich packe meine Sachen zusammen und begebe mich ins Radabteil. Dort hängt mein Gefährt am Haken zusammen mit vielen anderen Velos. Da ich als erster genügend Platz im Fahrradraum habe, löse ich mein Rad vom Haken und sattle schon mal auf. Im Bahnhof der Hansestadt muss ich umsteigen in den RE nach Flensburg.

Ich begebe mich Richtung  Gleis 11 a und steige in den RE nach Flensburg ein. Die Fahrt geht pünktlich los. Der Zug fährt etwas langsamer und hält auch öfters. Jetzt regnet es auch sehr heftig. Mein letztes Vesperbrot verspeise ich zwischendurch.  Das gleichmäßige Rütteln des Zuges macht mich wieder müde und ich döse wieder mal ein wenig. Der Schaffner  holt mich aus diesem Zustand zurück, er möchte meine Fahrkarte sehen. Ein Blick auf die Uhr…in ca. einer Stunde bin ich in Flensburg. Das Wetter hat sich leider nicht geändert

 

Nach über 9 Stunden Zugfahrt heißt es nun “Flensburg Bahnhof, bitte alles aussteigen“. Mit vielen anderen Reisenden verlasse ich den Zug und orientiere mich Richtung Bahnhofsausgang.

Die Fahrt durch die regnerische Flensburger Altstadt ist schon wegen der vielen Pfützen unangenehm.  Mir ist einiges noch von meiner Deutschlandreise her in guter Erinnerung. Heute kann ich -ohne zu fragen- die Zielrichtung Jugendherberge zielgerichtet einschlagen. Durch die schöne Altstadt zum Hafen und danach geht es noch ca. 2 km hinauf zum „hochgelegenen“ Stadtteil Mürwik. Mit hohem Puls erreiche ich die Jugendherberge und werde dort mit einem freundlichen Moin Moin begrüßt.


Ich freue mich. Nun endlich…morgen kommt Bewegung ins Spiel. Meine Tour mitten durch Deutschland kann dann beginnen, egal wie das Wetter wird!

 

So, liebe Leser, zum Schluss hier noch ein geistig-mentaler Dialog eines Radlers (R) mit dem symbadischen Petrus (P):

R fährt aus dem Bahnhof Flensburg und schaut nach oben. „Oje...was solln des do owe“.

P: „Ja…ich hab’ des Wetter dene Fischköpf hier versproche….dass du do jetzt grad dazwische kommsch….“

R fährt im Regenzeug durch Flensburg und hadert…”muss des am Schluss so sei?”.

P: „Hab’ de ned so, Kerle...wege dem bissl“

R fährt vergrämt hoch nach FL-Mürwik und guckt, dass es ins Trockene kommt…er frogt:”un…wie wird’s morge un die negschde Däg?”

P: „..wart’s oifach ab…Kerle…s’werd scho recht“.

 

Also dann…bis morgen…und gut‘s Nächtle!



                                   nach oben                                    

 

Lebertour

ruft zu Spenden auf für

 

Der Verein setzt sich seit 1995 für Menschen ein, die an einer Leukämie- oder Lymphom- erkrankung leiden. Bis dato konnten über 100.000 Stamm-zellenspender in vielen Typi-sierungsaktionen gewonnen und damit mehr als 700 Stammzellentransplantationen ermöglicht werden.

Er hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, regional bestehende onkologische Lücken in der Versorgung zu schließen und durch Aufklärung und Öffent-lichkeitsarbeit für die Krankheit Krebs ein Forum zu schaffen.

Weitere Infos zu der unschätz-baren Arbeit dieser Einrichtung, siehe: www.blutev.de